Die Abirede von 1994

Liebe Abiturientinnen, liebe Abiturienten
Meine sehr geehrten Damen und Herren !

Morgen, liebe Abiturientia 1994, morgen beginnt der Rest Eures Lebens. Morgen ist Schule für Euch Vergangenheit. Euer letzter gemeinsamer Schultag ist angebrochen. Ein Tag, der den Übergang zwischen zwei Lebensabschnitten markiert. Dreizehn, manchmal vierzehn oder gar fünfzehn Jahre habt Ihr in der Schule zugebracht. Ihr habt gelernt, und ihr habt die ersten Lebenserfahrungen gemacht. Aus Kindern wurden junge Erwachsene. Und auf der letzten Etappe dieses Abschnitts, den Ihr heute erfolgreich abschließt, durfte ich Euch als Euer Beratungslehrer begleiten. Deshalb möchte ich im Folgenden einige Stationen unseres gemeinsamen Weges durch die gymnasiale Oberstufe, die mir in der Rückschau besonders bemerkenswert erscheinen, auf heiter besinnliche Art noch einmal in Erinnerung rufen. Dabei sollte das "heiter" ein Über-sich-lachen-können mit einschließen, und es wäre schön, wenn das "Besinnliche" nicht schon kurz hinter der Ohrmuschel in dunklen Windungen des Gehörgangs auf nimmer Wiedersehen verschwände.

Aber wie und wo beginne ich ? Vielleicht ganz am Ende !

Als ich vor wenigen Tagen Eure Abiturzeugnisse unterschrieb, stellte ich fest, daß mehr als die Hälfte von Euch mit dem Abitur auch das Latinum erworben haben. Das brachte mich auf den Gedanken, in Ermangelung eines geeigneten Spruchs aus dem Bereich der Mathematik einmal ein lateinisches Zitat in den Mittelpunkt meiner Rede zu stellen. Doch sofort ergab sich ein weiteres Problem: Bei der enormen Bandbreite dieses Jahrgangs war es rar unmöglich, ein für alle passendes Zitat zu finden. Dem heutigen Anlaß angemessen habe ich deshalb mehrere klassische Sätze ausgewählt, die Euch, unserer Jugend, die bitter notwendigen moralischen Maßstäbe für eine bessere Lebensbewältigung liefern sollen.

Dieserart will ich nun mit dem kleinen Rückblick auf drei Jahre Oberstufe - und zwar in chronologischer Reihenfolge - beginnen. Am Anfang stehen - in jeder Beziehung- die Eltern. Ihnen gilt die Mahnung des um den Nachwuchs besorgten Petronius: parentes obiurgatione digni sunt, qui nolunt liberos suos severa lege proficere. Zu Deutsch: "Diejenigen Eltern verdienen einen Tadel, die ihre Kinder nicht durch strenge Zucht fördern wollen". Nun, Sie, liebe Eltern, sind ohne Tadel, haben Sie doch Petrons Forderung erfüllt: Sie haben Ihre Kinder auf das Gymnasium Auf der Morgenröthe geschickt, wo diese eine strenge Zucht erwartete. Und dafür gebührt Ihnen Anerkennung und Dank. Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen aber auch meinen Glückwunsch aussprechen. Sie haben das Werden Ihrer Kinder an dieser Schule jahrelang beobachtet und - soweit es in Ihren Kräften stand - auch unterstützt. Sie haben sich mit Ihren Kindern gefreut über gute Zensuren, und Sie sorgten sich ebenso wie diese über eine eventuell gefährdete Versetzung. Das einmal entsprechend zu würdigen, dazu, glaube ich, ist jetzt der richtige Augenblick. Zurück zu unserer Chronologie: Nichts wirkt so kläglich wie ein Schüler in den ersten Wochen der Jahrgangsstufe 11: Alles ist neu für ihn, die Lehrer, die Kurse, die Richtlinien, die Atmosphäre. Er irrt umher, eine Last sich selbst und seiner Umwelt, ein Gespött für seine älteren Mitschüler, denen es ebenso ergangen ist. Doch dies ist nomal, denn nach Cicero "darf jeder Mensch irren, kein Mensch aber, ausgenommen ein Dummkopf, darf dabei bleiben". Jetzt setzt die segensreiche Tätigkeit des Lehrers ein. Der folgende Vergleich, den Cicero benutzt, gefällt mir persönlich allerdings nicht: "Wie ein noch so fruchtbarer Acker ohne Pflege keine Erträge bringen kann, so kann dies auch kein Geist ohne Unterricht." Hier wird der Lehrer zum Bauern, der unter Einsatz aller modernen technischen Mittel Unkraut vertilgt und die Überschüsse der EG produziert - dies ist mir bei längerem Nachdenken zu realistisch. Da kommt eher schon das folgende Bild von Plautus meinen Neigungen entgegen: "Weiß Gott, niemals ertönt eine Glocke von selbst: Außer wenn jemand sie schlägt oder bewegt, ist sie stumm und schweigt". Abgesehen davon, daß wirklich jeder Lehrer seine liebe Müh' und Not mit manchem schweigsamen Kursteilnehmer hat, ist das Bild vom munter schlagenden Lehrer und lieblich ertönenden Schüler viel sympathischer. Da nähme ich es auch in Kauf, wenn künftige Schülergenerationen in mir den Glöckner von Notre Dame sähen.
Im Ernst: Es war immer die schwierigste Sache für den Lehrer, seine Schüler dazu zu bringen, daß sie freiwillig und mit Freude lernen. Um dieses Problem dreht sich im Grunde all das, was wir "Didaktik" und "Methodik" nennen und gelegentlich selbst nicht verstehen. Es ist ein uraltes Problem: nulla facilis res, quin difficilis sit, quarrt invitus facias. Zu Deutsch: "Keine Sache ist so leicht, daß sie nicht schwierig wird, wenn Du sie ungern tust". Denn "dies gelingt allein dem Weisen, daß er nichts ungern, nichts mit Schmerzen, nichts gezwungenermaßen tut". Aber welcher Schüler - und welcher Lehrer - ist schon weise! Weise Schüler verschaffen uns Lehrern ein ruhiges Leben, diese Schüler müssen sich nicht bei Abiturreden gruseln, diese Schüler können lateinische Zitate genießen. Wären allerdings alle Schüler so, es wäre doch langweilig. Nein, zum Glück gibt es da den normalen, der Arbeit als die Strafe für den Sündenfall ansieht und Welten entfernt vom Zustand der Weisheit lebt. Der mit Vergil non omnia possumus omnes, zu Deutsch: "Wir können nicht alle alles", der also mit Vergil sein süßes Nichtstun zu legitimieren versucht. Doch latet anguis in herba "Es lauert die Schlange im Gras"; und zwar in Gestalt bissiger Klausuren. Natürlich weiß dies auch der Schüler. Er sucht nach einem Ausweg, und den findet er bei Plautus: nemo solus satis sapit "Niemand ist allein genügend weise". Frei übersetzt: Schon Plautus forderte den Spickzettel. Zu Recht, muß ich eigentlich sagen. Denn wenn man so manche bis an den Rand gefüllte Versäumnisliste betrachtete, blieb wohl kaum eine Alternative. Auch bei Euch ließ sich nämlich - wie schon bei vielen Jahrgängen vor Euch - ein erstaunliches Phänomen feststellen: Das Erreichen des 18. Lebensjahres wirkte sich offensichtlich sehr negativ auf Euren Gesundheitszustand aus. Zum Glück ließ sich so manches geheimnisvolle Leiden, das selbst gestandene Mediziner vor ein Rätsel stellte, mit einer Attestpflicht überraschend schnell kurieren. In den gerade erwähnten Versäumnislisten fand sich übrigens so manche Stilblüte, wie zum Beispiel in dieser: In der Rubrik Volljährigkeit kann man hier lesen: "Ich möchte niemals erwachsen werden." Eigentlich eine überflüssige Bemerkung, das merkte man nämlich auch so - beim Lesen der Rückseite. Doch wollen wir in dieser Stunde der Freude den Schleier des Vergessens über Vergangenes decken. Ein zweiter Punkt, der Konflikte zwischen Lehrern und Schülern verursacht, ist eine schlichte und unstrittige Regel: Der Schüler hat regelmäßig und pünktlich zum Unterricht zu erscheinen. Nicht selten lagen Welten zwischen dieser Regel und der Wirklichkeit. Am schlimmsten sind dabei aber die wenig kreativen Entschuldigungen: occidit miseros crambe repetita magistros. Zu Deutsch: "Es tötet die armen Lehrer der aufgewärmte Kohl". Der Tatsache, daß ich hier noch recht lebendig vor Innen stehe, liebe Eltern, können Sie entnehmen, daß der Phantasie dieser Jahrgangsstufe diesbezüglich keine Grenzen gesetzt waren: Der eine machte den starken Gegenwind auf dem mit dem Fahrrad zurückgelegten Schulweg für sein Zuspätkommen verantwortlich, der andere kam 30 Minuten zur fünften Stunde zu spät, weil er mit einem Gefrierhähnchentransporter kollidiert war. Ein dritter Schüler kam mit einer Woche Verspätung aus den Herbstferien zurück mit der Begründung, man hätte ihn in seinem Heimatland zum Militär einziehen wollen. Phantasie hat auch der Informatikkurs bewiesen, als man mit Hilfe eines trojanischen Pferdes in die Tiefen des schuleigenen Netzwerkes einzudringen versuchte. Freundlicherweise wurde das Tier bei seinem Namen genannt, und deshalb sollte der aufgesetzte böse Blick des Fachlehrers in Wirklichkeit auch nur sein innerliches Schmunzeln verdecken. In dem Zusammenhang fällt mir ein, was mir kürzlich zu Ohren gekommen ist: Eine Abiturzeitung sei in Vorbereitung. Es gehört wohl in die Zeit nach dem Bestehen des Abiturs, daß Schüler in Wort und Schrift der Welt Kunde geben von ihren vergangenen Leiden und die Ungerechtigkeiten der Lehrer geißeln. Doch werdet auch Dir, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, bei Euren Kämpfen gegen uns Lehrer die Vergeblichkeit Eures Tuns bemerkt haben. Dies ist auch nicht verwunderlich, denn contra quis ferat arma deos? "Wer kann schon gegen Götter kämpfen!"


Bei dem Stichwort "Götter" fällt mir die Lehrerkonferenz vom 26. August des letzten Jahres ein. Dort wurde ein Beschluß gefaßt, der Euch in besonderem Maße betraf. Zumindest die Vorgehensweise, so denke ich heute, war keineswegs "göttlich". Am 27. Januar trafen wir uns daraufhin auch hier in der Aula, um die Modalitäten von Abiturfeiern zu diskutieren. Die Art und Weise, wie Ihr dabei Eure Argumente hervorgebracht und Eure Sache vertreten habt, die Art und Weise, wie ihr auf die Argumente der "Gegenseite" eingingt, und letztlich Eure Kompromißbereitschaft, das hat mich enorm beeindruckt. Eine "Reifeprüfung", so empfand ich damals, erübrigte sich eigentlich nach diesem Vormittag. Aber selbstverständlich konnte sie nicht entfallen, diese letzte Station eines langen Weges. Insbesondere die Prüfungen im 1.-3. Fach sorgten naturgemäß für- viel Aufregung. Sie brachten übrigens für diese Schule ein Novum mit sich, gab es doch gleich zwei Schüler, deren Punktzahlen durch jeweils eine einzige mündliche Prüfung gleich um 10 Punkte nach oben schnellten.


Und dann war da - am späten Donnerstag Nachmittag der letzten Woche - auch noch die allerletzte Prüfling im 3. Fach. Bei der Bekanntgabe des Ergebnisses konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß die überglückliche Kandidatin sich nur mühsam beherrschen konnte, dem Überbringer der frohen Botschaft, Herrn Mechlinsky nämlich, nicht um den Hals zu fallen. Dies war schon ein ergreifender Augenblick. Insbesondere, wenn man bedenkt, daß es auf der anderen Seite einige Schüler gab, für die die Hürde "Abitur" zu hoch war. Die Enttäuschung derjenigen, die die Abiturprüfung in der vergangenen Woche endgültig nicht geschafft hatten, wich nur sehr langsam dem Gedanken, entweder einen neuen Anlauf zu nehmen oder auf anderem Wege einem Berufsziel zuzustreben. Wie auch immer sie sich entschieden haben, möge sich ihre Wahl für sie persönlich als richtig erweisen. Meine besten Wünsche begleiten auch diese Schüler.


An der Schwelle zwischen zwei Lebensabschnitten bietet es sich an, neben dem Auffrischen von Erinnerungen einen Blick in die Zukunft zu werfen. Und da ergibt sich nun doch noch die Gelegenheit, neben den lateinischen Zitaten auch noch einen Mathematiker in das Zentrum meiner Rede zu stellen. Wer in den letzten drei Jahren meinen Unterricht genossen oder erlitten hat, der weiß um die große Anzahl meiner Kollegen, die ich beizeiten zu zitieren pflege.


Einer dieser Kollegen hieß Archimedes. Bekannt wurde der Mathematiker und Physiker Archimedes durch seine rein mathematischen Schriften. Wirklich großer Ruhm aber wurde ihm zuteil, als er diese mathematischen Erkenntnisse in praktische mechanische Apparaturen umsetzte. Von ihm stammt der Flaschenzug, die archimedische Schraube, mit deren Hilfe man Wasser nach oben transportieren kann, ein durch Wasserdruck betriebenes Planetarium und vieles mehr. In die Kriegschronik gingen seine Wurfgeschosse ein, die im Punischen Krieg verwendet wurden. Als Legende kann gelten, daß er die römischen Flottenverbände mit großen Brennspieqeln vernichtete. Vorstellbar ist das aber bei diesem Mann durchaus. Seine Vorliebe für die Waffentechnik hat ihm schließlich das Genick gebrechen. Er fiel im Jahr 212 vor Christus bei der Einnahme von Syrakus den Soldaten zum Opfer. Von diesem Mann ist nur ein Spruch bekannt, der, so scheint mir, heute aktueller ist denn je. Archimedes sagte: "Gebt mir einen Platz, wo ich stehen kann, und ich werde die Erde bewegen." Was für ein stolzes Wort! Oder versteckt sich dahinter nur eine wahrhaft umwerfende Überheblichkeit? "Gebt mir einen Platz, wo ich stehen kann, und ich werde die Erde bewegen!" Gebt mir einen Platz! Eine deutliche Aufforderung an die alte griechische Gesellschaft, jedem seinen Platz einzuräumen. Bedingungen dafür zu schaffen, daß ein jeder seinen Platz finden kann. Es scheint nicht nur so, es ist auch so: an jedem Ort und in jeder Zeit der Welt ist die Gesellschaft aufgefordert, ihren Mitgliedern zu ihrem Platz zu verhelfen. Ganz profan beginnt das bei einer Wohnung und setzt sich über den Ausbildungsplatz, den Studienplatz bis zum Arbeitsplatz fort. Die Gesellschaft muß jeder Jugendlichen und jedem Jugendlichen einen Platz in ihrer Mitte einräumen.


Das ist kein Gemeinplatz, sondern erfordert sowohl von Euch als auch von der Gesellschaft allgemein hohe Anstrengungen. Die Gesellschaft muß einen Platz für Euch freihalten. Das ist ihre Aufgabe. Und Ihr müßt diesen freigehaltenen Platz finden. Das ist Eure Aufgabe. Nun wollte Archimedes nicht irgendeinen Platz. Er wollte einen Platz, wo er stehen kann. Er meinte hier sicher nicht den billigen Stehplatz. Archimedes wollte aufrecht stellen, geradeheraus, mit erhobenem Kopf, stolz, nicht mit gekrümmten Rückgrat. Ich will Euch keine Illusionen machen. Diese Plätze sind rar. Um diese Plätze muß man kämpfen. Es werden Euch vermutlich viele Plätze angeboten, wo Ihr euch krümmen müßt. Plätze, wo ihr besser ja und amen sagen müßt als nein, danke. Plätze, die eher Euren krummen Rücken verlangen als den aufrechten Gang. Mit anderen Worten, ein Platz, der Zivilcourage erfordert, das ist ein Platz, wo man wirklich aufrecht stehen kann. Nur dort hat man den Überblick. Aber es sind meistens nicht die bequemen Plätze im Leben. Zuschauerplätze, wo man sich bequem zurücklehnt, ein Bierchen neben sich stehen hat, die Beine übereinanderschlägt und sich allenfalls schlaue Kommentare abringt - diese Zuschauerplätze gibt es en masse. So ist zum Beispiel der Ausguck vom Kuchenfenster allemal komoder, als sich schützend vor Ausländer zu stellen. Oder für einen Kollegen einzutreten ist immer schwieriger, als ihn anzuschwärzen. Aber die Gesellschaft braucht Euch dort, wo Ihr Euren Mann oder Eure Frau steht. Ihr seid dieser Gesellschaft gegenüber sehr kritisch. Und das ist gut so. Sie hat Kritik nötig, sie hat sie auch verdient. Und wenn Ihr einen Platz in ihr gefunden habt, so hängt diese Kritik nicht an den Nagel, weil Ihr ja jetzt Geld verdienen oder Eure Familie ernähren müßt oder Euren Job behalten wollt. Denn spätestens dann beginnt Ihr, Euren Rücken zu krümmen und den aufrechten Gang zu vergessen.


Zurück zu Archimedes. Der zweite Teil des Zitats wirkt wie ein Paukenschlag, "...und ich werde die Erde bewegen." über soviel Selbstbewußtsein kann man nur neidisch werden. Doch ist das so gemeint? Werden mit diesem Satz Gesetze der Schwerkraft und der Logik außer Kraft gesetzt? Sicher nicht. Wer am richtigen Platz aufrecht stellt, der kann etwas bewegen. Er kann beeinflussen, er kann lenken und führen, er kann Beispiel sein, er kann mit seiner Haltung andere bewegen. Er kann helfend eingreifen, er sieht, wo Not am Mann ist, er kann stehenbleiben, wenn andere davonrennen. Offen und frei, nicht hochmütig, aber stolz dient man so sich selbst und der Gesellschaft am besten. Dabei ist es ziemlich unerheblich, ob ihr Sekretärin werdet oder Manager, ob Ihr Computerfachmann oder Ärztin werdet. Ist nicht ein stolzer Handwerker glücklicher als ein Mediziner, der seinem Chef bei der Visite devot die Krankenblätter hinterherträgt? Allein die Haltung zu Euren Mitmenschen, der aufrechte Gang, die Zivilcourage und Euer Können machen Euch zu den Persönlichkeiten, die etwas bewegen werden. Ich wünsche Euch dazu Mut und Beharrlichkeit. Ich wünsche Euch für Euren nächsten wichtigen Lebensabschnitt Geduld und ein bißchen Glück. Ich wünsche Euch für die kommenden Zeiten auch fällige Mitmenschen, die Euch unter die Arme greifen, wenn etwas schiefgehen sollte. Ich wünsche Euch, daß Ihr Euren Platz findet, Euren Platz, wo Ihr stoben könnt, um die Erde zu bewegen.


Nach der Einteilung der klassischen Rhetorik, meine sehr geehrten Damen und Herren, gehört die Abiturrede zur Gattung der Lobrede, ja sie ist ein Musterfall der vor einer Festversanmlung gehaltenen Rede zum Lob einer zu feiernden Person oder Gemeinschaft. Den Eltern haben wir gedankt, die Lehrer wurden in den Himmel gelobt. Da mag eventuell der Eindruck entstanden sein, die Hauptakteure des heutigen Tages seien vielleicht ein wenig schlecht weggekommen. Dies habe ich mir aber aufbewahrt bis ganz zum Schluß, und ich denke, ich spreche da im Namen des gesamten Kollegiums, wenn ich Euch nun rühme, liebe Abiturientinnen und Abiturienten: ihr seid ein lebhafter und fröhlicher Haufen, liebenswürdig und hilfsbereit, fleißig und strebsam, aufgeschlossen und intelligent, dabei doch zurückhaltend und bescheiden, kurzum, Ihr seid ein Vorbild für alle, die nach Euch kommen. Moment, hier liegt noch ein Zettel, von dem ich; nicht weiß, wohin er gehört. Da stellt geschrieben: calidum hercule audivi esse optimum mendacium "Beim Hercules, die beste Lüge, so habe ich gehört, ist die noch warme"...